Wo einst Gips abgebaut wurde, blüht heute neues Leben
Einst Steinbruch, heute Naturschutzgebiet - Durch moderne, nachhaltige Abbau- und Renaturierungskonzepte verwandeln Unternehmen der Gipsindustrie ehemalige Steinbrüche in wertvolle Lebensräume für seltene Tier- und Pflanzenarten
Die Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes der Gipsindustrie e.V. engagieren sich für eine verantwortungsvolle und nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen. Mit naturnahen Konzepten und in enger Zusammenarbeit mit Naturschutzorganisationen und Behörden setzen sie auf wissenschaftlich begleitete Maßnahmen, die die Eingriffe in die Landschaft minimieren und neue Lebensräume für Flora und Fauna schaffen. Bereits während des Gipsabbaus entstehen so Kompensationsflächen, Aufforstungen und wertvolle Pionierbiotope als Grundlage für eine erfolgreiche Renaturierung.
Mit dem von der Politik beschlossenen Ausstieg aus der Kohleverstromung nimmt die Menge des zur Verfügung stehenden REA-Gipses, der dabei als Nebenprodukt der Rauchgasentschwefelung entsteht, kontinuierlich ab. Da zudem selbst bei 100prozentiger Wiederverwertung die Mengen an Recyclinggips nicht ausreichen, um den zukünftigen Bedarf in ausreichendem Maße zu decken, rückt der Abbau von natürlichen Gipsvorkommen wieder in den Fokus der Gipsindustrie. Denn auch die vielfach propagierten alternativen Baustoffe können zwar bei bestimmten Anwendungen sinnvolle Ergänzungen sein, bieten derzeit aber weder bautechnisch, ökonomisch und ökologisch einen äquivalenten Ersatz. Eingriffe in Natur und Landschaft werden sich also auch zukünftig nicht gänzlich verhindern lassen. Sie können aber durch entsprechende planerische Maßnahmen sehr wohl minimiert werden. Beispiele der Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes der Gipsindustrie zeigen, dass der Gipsabbau durchaus bereichernd sein kann, wenn naturschonender Abbau und hochwertige Renaturierung konsequent von Anfang an mitgedacht werden.
„Unsere Mitgliedsunternehmen sind sich der mit dem Gipsabbau verbundenen gesellschaftlichen Verantwortung bewusst und wissen um den Wert der Gipsabbau-Folgenlandschaften für die Biodiversität. Sie alle verfolgen daher eine möglichst naturschützende Nutzung der Steinbrüche“, betont denn auch Dipl.-Ing. Holger Ortleb, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Gipsindustrie und der Forschungsvereinigung der Gipsindustrie. „Dabei setzen sie konsequent auf nachhaltige und naturnahe Konzepte und entwickeln gezielte Managementpläne, um Eingriffe in die Landschaft zu minimieren und durch anschließende Renaturierung neue Lebensräume für Flora und Fauna zu schaffen. Bei guter Planung bietet dieser temporäre Eingriff auch Chancen für die Natur.“
Renaturierungspläne
In der Tat ist die Renaturierung ehemaliger Abbauflächen längst ein zentraler Bestandteil verantwortungsvoller Unternehmenspraxis und geht in vielen Fällen über die gesetzliche Verpflichtung hinaus. Aus diesem Grund haben führende Unternehmen der Gipsindustrie Geologen und Biologen in den festen Mitarbeiterstab integriert. Sie kümmern sich um den Natur- und Artenschutz und planen für die Folgenutzung gezielt Raum für eine natürliche Entwicklung ein. Wo einst Steinbrüche die Landschaft prägten, finden sich heute oftmals wertvolle Biotope. Mit Lebensräumen, die seltenen Tier- und Pflanzenarten neuen Schutz bieten, entwickeln sich ehemalige Gipssteinbrüche so zu Rückzugsorten für gefährdete Arten. Aufgelassene und fachgerecht von der Gipsindustrie renaturierte Steinbrüche werden teilweise sogar zu Naturschutzgebieten erklärt. Studien der Universität Bayreuth, für die Gipssteinbrüche in ganz Deutschland untersucht wurden, belegen, dass in den renaturierten Abbaufolgelandschaften eine deutlich höhere Artenvielfalt zu beobachten ist, als in der umgebenden Kulturlandschaft. Schon vor Beginn des Rohstoffabbaus müssen gesetzlich verpflichtende Rekultivierungs- und Renaturierungspläne aufgestellt werden, die direkt mit den Naturschutz-Behörden abgestimmt werden. Damit wird sichergestellt, dass nach Beendigung des Abbaus die Abbauflächen entweder wieder für Land- und Forstwirtschaft nutzbar gemacht werden oder aber kleine Naturschutzgebiete entstehen.
Wissenschaftliche Begleitung
So begleitet etwa die Biologin Annika Kruse, die mit ihren Kollegen für die Saint-Gobain Rigips und die Schwestergesellschaft Saint-Gobain Formula etwa 20 Steinbrüche betreut, den gesamten Prozess der ökologischen Nachsorge von der Planung bis zur Umsetzung. „Jeder Steinbruch in Deutschland hat klare gesetzliche Vorgaben für die Renaturierung. Aber wir gehen darüber hinaus“, betont Annika Kruse. Neben den verpflichtenden Maßnahmen entwickelt sie freiwillige Projekte um das enorme ökologische Potenzial ehemaliger Abbauflächen auszuschöpfen, damit die Steinbrüche sich zu wertvollen Rückzugsorten für seltene Tier- und Pflanzenarten entwickeln. Grundlage sind sogenannte Biodiversitätsmanagementpläne, in denen für jeden Steinbruch der Ist-Zustand erfasst und zukünftige Entwicklungsschritte festgelegt werden. Dabei prüfen die Wissenschaftlerin und ihr Team ganz individuell, ob bestehende Herrichtungsplanungen wirklich sinnvoll für den jeweiligen Standort sind und passen sie gegebenenfalls an. Bei Aufforstungen beispielsweise setzt sie zunehmend auf naturnahe und vielfältige Ansätze und
weniger auf die klassische Forstwirtschaft. „Neue Forschungen zeigen, dass Aufforstungen nicht immer die beste Lösung für Biodiversität sind“, erklärt Annika Kruse. „Deshalb lassen wir manche Flächen sich natürlich entwickeln.“ Ziel sei, so die Landschaftswissenschaftlerin, lebhafte Reliefs statt eintöniger Flächen zu schaffen, um das Bestmögliche für die Biodiversität herauszuholen. „Also Strukturen schaffen, die Artenvielfalt fördern, statt sie zu verdrängen.“ Unterstützung bei ihrem Flora- und Fauna-Monitoring erhält Annika Kruse übrigens von der zum Arterkennungsspürhund ausgebildeten Hündin Heliix, die versteckte Reptilien oder andere Tierarten aufspürt ohne sie zu stören und so wertvolle Daten für die ökologische Bewertung der Flächen liefert.
Verantwortungsvolle Rohstoffgewinnung
Auch Knauf setzt sich über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus für den Schutz von Natur und Umwelt ein. „Renaturierung ist für uns kein Pflichtprogramm, sondern Ausdruck gelebter Verantwortung gegenüber Natur und Gesellschaft“, sagt Pascal Bunk, Biodiversitätsmanager bei Knauf. „Wir sehen es als unsere Aufgabe, aus genutzten Flächen neue Natur zu schaffen, die langfristig bestehen bleibt.“ Erst im August hat die Knauf Gips KG nach rund 20 Jahren Entwicklungszeit die renaturierten Flächen des Steinbruchs Marktbergel an den bayrischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz) übergeben. Das Projekt zeigt eindrucksvoll, wie Naturschutz und Rohstoffgewinnung Hand in Hand gehen können: Auf rund fünf Hektar ist dort ein einzigartiges Biotop mit über 100 Pflanzen-, 23 Schmetterlings- und 28 Libellenarten entstanden. Viele davon sind auf der Roten Liste als stark bedroht notiert. Die Idee zur Flächenübergabe hatte sich im Rahmen mehrerer gemeinsamer Forschungs- und Artenschutzprojekte entwickelt, an denen der LBV immer aktiv beteiligt war. „Wir wollen dieses Naturjuwel auch dauerhaft erhalten und für den Naturschutz zur Verfügung stellen. Da ist es nur folgerichtig, wenn wir die Fläche nun an den LBV übertragen und das Schutzziel damit sicherstellen“, erläuterte Pascal Bunk.
Nachhaltige Lebensräume
Auch bei CASEA gehört soziales und ökologisches Engagement zum Unternehmensprinzip. Das Unternehmen deckt seien Rohstoffbedarf zu 40 Prozent mit Sekundärrohstoffen ab, um die natürlichen Ressourcen so gut es geht zu schonen. Zusätzlich gewährleisten Steinbrüche – drei der vier Produktionsstandorte in Deutschland verfügen über eigene Abbaustätten – die langfristige Rohstoffversorgung. Schon vor Beginn des Abbaus werden Grundstücksflächen für Kompensationsmaßnahmen erworben und beispielsweise mit Bäumen bepflanzt oder als Extensivgrasmahd ausgebaut. Die Renaturierung beginnt bereits sukzessive während des laufenden Abbaus und wird kontinuierlich der Morphologie des Geländes angepasst. Als eindrucksvolles Beispiel nennt das Unternehmen etwa das renaturierte Gebiet am Rüsselsee im Südharz. Auf dem ehemaligen Steinbruchgelände ist inzwischen ein einzigartiges Biotop entstanden, in dem sich vom Lurch bis zum Schmetterling rund 200 Tierarten sowie über 100 Blütenpflanzenarten angesiedelt haben.
Fazit
Mit verantwortungsvollen, nachhaltigen und naturnahen Konzepten und in enger Kooperation mit dem Naturschutz zeigen die gipsabbauenden Unternehmen, dass der Rohstoffabbau sich mit neuen, artenreichen Landschaften durchaus bereichernd auf die entsprechenden Regionen auswirkt. Vielfach ist, wie auch wissenschaftlich von der Universität Bayreuth bestätigt, nach Abschluss des Abbaus eine Landschaft entstanden, die ökologisch reicher ist als zuvor. Das sieht man auch beim Bundesverband der Gipsindustrie so: „Viele Steinbrüche entstehen auf Flächen, die zuvor artenarm waren. Nach der Renaturierung bieten sie oft Lebensräume, die es so dort vorher gar nicht gab,“ sagt Holger Ortleb.
Weiterführende Informationen rund um das Thema Rekultivierung und Renaturierung finden Interessenten auch auf der Seite des Bundesverbandes der Gipsindustrie e.V. unter https://www.gips.de/themen/ressourcen
Mehr zum Thema der Artenvielfalt nach Gipsgewinnung gibt es hier: https://www.gips.de/aktuelles/detail/artenvielfalt-nach-gipsgewinnung-oft-deutlich-hoeher-als-vorher
