Zeiträume aus Gips

Industrialisierung

Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert ging eine genauere wissenschaftlich-technische Durchdringung der Gipstechnologie einher. Ab dieser Zeit wurden das Dihydrat, das Halbhydrat sowie der völlig entwässerte Gips (Anhydrit) eindeutig unterschieden und die Bedeutung der unterschiedlichen Brenntemperaturen erkannt. Das Material diente hauptsächlich für Putzmörtel, Estriche und Stuckarbeiten. Allen diesen Techniken war gemeinsam, dass der Gips erst auf der Baustelle angerührt und vor Ort in die jeweils gewünschte Form gebracht wurde.

Zum Ende des Jahrhunderts kam mit der sogenannten Gipsdiele das erste in Großserie hergestellte Fertigteil aus Gips auf den Markt (1886), aus dem sich die heute bekannten massiven Gips-Wandbauplatten entwickelten. 1890 wurde in den USA das erste Patent für die Gipskartonplatte angemeldet, die aber erst 1938 nach Europa und 1949 nach Deutschland kam. Gipskartonplatten werden heute als Gipsplatte bezeichnet und bilden gemeinsam mit der ebenfalls im 20. Jahrhundert entstandenen Gipsfaserplatte sowie der Gips-Wandbauplatte das Herzstück der modernen Trockenbauweisen für den Innenausbau.

Der Jahrhunderte, außerhalb Europas sogar über Jahrtausende verwendete Putzgips bewies sein ungebrochenes Innovationspotenzial vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg. Der Übergang zu Werktrockenmörteln im Papiergebinde oder Silo revolutionierte die Abläufe auf der Baustelle. Das aufwändige Mischen der einzelnen Komponenten vor Ort entfiel. Stattdessen stand nun anwendungsfertiger Putzgips in konstant hoher Qualität mit genau definierten Eigenschaften zur Verfügung. Unmittelbar mit dieser Entwicklung verbunden waren Einführung und moderne Markenkommunikation von Putzgipsen für jeweils spezielle Anwendungen. So kam Anfang der 1960er Jahre der erste Handputzgips als Werktrockenmörtel auf den Markt, kurze Zeit später folgte der erste maschinengängige Werktrockenmörtel auf Gipsbasis. Damit war der Weg für den zunehmenden Einsatz von kontinuierlich arbeitenden Mischpumpen, die sogenannten Putzmaschinen, frei, die die Ausführung von Gips-Innenputzen erheblich erleichterten und beschleunigten.


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